• Dobelmhle5
Langsam, aber sicher geht es auf das Erwachsenenleben zu, in der Magengrube ein mulmiges Gefühl, demnächst wissen zu müssen, was man will. Auf den Flügeln dieser verspielten Schmetterlinge im Bauch sind zig Fragen eingraviert, angefangen bei der bisher ziemlich konturlosen beruflichen Zukunft bis hin zu der philosophischen Überlegung, wer man überhaupt ist. Unsere Schule, als die Institution, welche uns zu verantwortungsbewussten und selbstbestimmten Individuen mitformt, bietet den Zehntklässlern jährlich eine dreitägige Reise in die Dobelmühle an, mit dem Hauptziel der eigenen Orientierung.

Am 22.04. ging es also für uns und unsere, zum Schreck aller Lehrer, riesigen Koffer, mit dem Reisebus in die Orientierungstage Richtung Wildnis. Mit den, zumindest größtenteils, selbstgemachten Kuchen und Pizzaschnecken auf dem Schoß, sowie Deutschrap in den Ohren, verflog die Zeit schneller als gedacht. Jedoch verflogen mit jedem Kilometer, den wir dem Hostel näher kamen, auch die Netz-Balken an unseren Handys, wodurch die Stimmung zu kippen drohte. Zum Glück hatten wir keine Gelegenheiten uns darüber aufzuregen, denn schon bald nach der Ankunft hatten wir ein wesentlich größeres Problem. Jeder, der schon einmal auf einer Klassenfahrt war, kennt es, fürchtet sich davor und erwartet gleichzeitig sehnsüchtig die Stunde der Wahrheit - die Zimmerverteilung. Schließlich entscheidet sie ja bekanntermaßen über Leben und Tod. Doch nachdem wir Dank der unermüdlichen Geduld unserer Lehrer alle einvernehmlich untergebracht wurden, haben uns diese auch schon wieder aus den jeweiligen Zimmern vertrieben und stattdessen zu einer Scheune gebracht, wo das abenteuerliche Programm anfing.

Beim Eingang bekam jeder ein Seil, dem er mit gebundenen Augen folgen und somit seinem eigenen Lebensweg trotz aller dunklen Ungewissheit zu vertrauen lernen sollte. Persönlich fand ich diese Übung sehr interessant, wenn auch haptisch etwas unbehaglich, da ich mehr Mitschüler unangenehm betastet habe, als es mir lieb war. Neben der einleuchtenden Einsicht, dass ich ziemlich misstrauisch bin, zumal ich die Bahn mehrmals gewechselt habe, blieben auch der ein oder andere dunkle Fleck, da ich des Öfteren gegen eine Säule geknallt bin. Trotz aller Widrigkeiten fand ich mithilfe der motivierenden Zurufe den Ausgang der sich gleichzeitig als Anfang weiterer Stationen entpuppte.

Egal ob Balancieren der Stifte oder Laufen durch ein Feld voller Mausefallen, unsere Zusammenarbeit als Partner, Klasse oder gar Stufe war immer gefragt. Das Abendprogramm bot die Gelegenheit, mit vertrauten Gesichtern in den Austausch zu kommen, welche trotz der Nähe nie mehr gewesen sind als die aus der Paraklasse. Hierbei hat man entweder gemerkt, wie viele Gemeinsamkeiten man teilt und Vorfreude auf die Oberstufe verspürt oder schlichtweg einen Schauder über den Rücken bekommen, als man erfuhr, dass das Gegenüber 10 Euro dafür bot, dass man sich den Zeh in der Mausefalle einklemmt. So oder so ein eindeutiger Gewinn, was Menschenkenntnisse angeht.

Als Abschlussveranstaltung konnten wir Mädels am letzten Abend einen griechischen Tanz erlernen, was unheimlich witzig und schön war. Danach bekamen wir im dämmrigen Licht und mit entspannender Musik im Hintergrund die Power-Fragen, welche zum Nachdenken über sich, seine Prinzipien, Gefühle und Wünsche anregten. Dies ist mein Lieblingsteil gewesen, denn obwohl es durchaus ungewöhnlich klingt, nimmt man sich häufig im Leben keine Zeit, um dieses zu bedenken. Stattdessen folgt man der von der Gesellschaft vorgeschrieben Richtlinie und versucht, die aufkommenden Impulse auszublenden. Ein Fehler, wie ich gelernt habe. Häufig herrscht ein einseitiges Bild von dem gelungenen Leben. Dass man erfolgreich ist, bedeutet nichts anderes als an der Spitze einer Idee zu stehen. Allerdings vergisst man dabei häufig die Mitmacher, ohne die der Berg, auf dem man steht, gar nicht erst bestünde. Wer nicht der Lauteste ist, hat vielleicht keine Idee - oder einfach nur Manieren - dafür aber den Willen, den Macher mit seiner Partizipation zu unterstützen. Es ist also nichts Schlimmes daran, keine Sonnenaufgänge für sein Glück zu brauchen. Denn auch die kleinen Strahlen wie zum Beispiel Sport, Gespräche mit Freunden oder Musiktöne können das Herz erwärmen.

Zusammenfassend waren diese drei Tage voller auf den ersten Blick komischer Programmpunkte, im Nachhinein aber eigentlich wertvoller Input. Ein großes Lob an unsere Begleitlehrer Frau Reithmeier, Frau Loos-Schramm, Herrn Thomas und Herrn Müller für diese gelungene pädagogische Einheit und dafür, dass sie unserer Bande an pubertierender Mädchen und Jungs stets mit Verständnis und Belustigung begegnet sind.

Zum Schluss zwei Pro-Tipps an alle zukünftigen Besucher:

1. Aus einer verlässlichen Quelle weiß ich, dass sich sieben Bäume rechts und zwei Büsche links vom Mädchengebäude eine kleine Nische befindet. Geht man vier Schritte hin und her besteht die Möglichkeit, dass man bei gutem Wetter einen Balken LTE hat. Aber das bleibt unter uns.

2. Duscht jeden Tag. Meine ich erst. Nicht nur werden euch eure Zimmergenossen danken, sondern ist es gut möglich, dass ihr dadurch schneller zum Frühstückstisch dürft. Wieso? Lasst euch einfach überraschen.

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